Equines Herpesvirus
von Bettina Bickel
Dieser Text wurde durch eine Tierärztin überprüft. Bitte ziehe im Zweifel jedoch immer den für dein Tier zuständigen Tierarzt hinzu.
Das Wichtigste in Kürze
Bei einem Turnier in Valencia hat es einen schwerwiegenden Ausbruch des Equinen Herpesvirus 1 (EHV 1) gegeben
Equine Herpesviren sind sehr weit verbreitet und führen zu Atemwegsbeschwerden, neurologischen Störungen oder vorzeitigen Abgängen bei trächtigen Stuten
Es existiert eine Impfung gegen EHV 1 und EHV 4, die jedoch umstritten ist
Equine Herpesviren gelangen häufig durch die Nüstern in den Pferdekörper und befallen besonders häufig die Atemwege.
In diesem Artikel
Aktuelle Lage
Bei einem mehrwöchigen Reitturnier in Valencia hat es einen großen Ausbruch des Equinen Herpesvirus vom Typ 1 (EHV 1) gegeben. Das Turnier wurde daher Ende Februar vorzeitig beendet. Die FN berichtet, dass mittlerweile auch fünf deutsche Pferde dem Virus zum Opfer gefallen sind. Wie viele weitere Pferde in Deutschland oder insgesamt infiziert sind, ist nicht bekannt, da das Virus nicht meldepflichtig ist. Bei der in Valencia ausgebrochenen Variante des Virus handelt es sich wohl um eine Form, die besonders oft neurologische Ausfälle zur Folge hat, die sogenannte "Equine Herpesvirus-Myeloenzephalopathie" (EHM). Im schlimmsten Fall kann das infizierte Pferd nicht mehr von selbst stehen, liegt sich fest und muss schließlich euthanasiert werden.
Was ist das Equine Herpesvirus und wie verbreitet es sich?
Equine Herpesviren sind in fünf Typen unterteilt (EHV 1-5). Dieser Artikel behandelt jedoch nur die nah verwandten Typen EHV 1 und EHV 4, die besonders oft die Atemwege befallen. Übertragen werden sie über Ausscheidungen aus Nüstern oder Maul und über Aerosole. Stehen Pferde also in direktem Kontakt zueinander, ist die Übertragung kaum zu verhindern. Aber auch Menschen können zum Überträger werden, wenn das Virus an ihnen haftet und sie mit mehreren Pferden in Kontakt kommen. Dasselbe gilt auch für Ausrüstungsgegenstände oder Putzzeug.
Im Detail haben EHV 1 und EHV 4 leicht unterschiedliche Vorlieben was das zu befallende Gewebe angeht. Beide befallen jedoch vorwiegend die Atemwege und sind dort auch nach vorübergegangener Infektion latent (= nicht aktiv) zu finden. Zudem lagern sie meist latent im Ganglion des Trigeminusnervs, das sich in der harten Hirnhaut befindet.
In den meisten Fällen geht eine Infektion mit EHV 1 oder EHV 4 unbemerkt vorüber. Das Pferd hustet vielleicht ein paar Tage oder zeigt erhöhte Temperatur, die aber auch nicht immer bemerkt wird. Besonders EHV 1 führt jedoch immer wieder auch zu neurologischen Ausfällen. Diese äußern sich in Ataxien (Koordinationsstörungen). In schweren Fällen kann das Pferd nicht mehr selbstständig aufstehen, Kot absetzen oder Wasser lassen. Ebenfalls bekannt ist der sogenannte „Virusabort“ als Folge einer Infektion mit EHV 1 bei trächtigen Stuten. Hier führt die Infektion zu einem vorzeitigen Abgang des Embryos.
Ist mein Pferd mit dem Equinen Herpesvirus infiziert?
Die einfache und sehr wahrscheinliche Antwort ist: Ja. Man geht davon aus, dass ca. 80% aller erwachsenen Pferde mit EHV 1 infiziert sind und ca. 40% mit EHV 4. Das liegt daran, dass das Virus einen hohen Verbreitungsgrad hat und sich Pferde meist in jungen Jahren infizieren. Nach einer (meist weitgehend symptomfreien) Erstinfektion, lagert das Virus das restliche Pferdeleben über latent im Gewebe. Äußere Einflüsse, wie z.B. Stress, können jederzeit zu einem erneuten Ausbruch der Infektion führen. Das Virus fängt dann wieder an, sich im Körper zu vermehren und wird auch vom Pferd ausgeschieden und an andere Pferde weitergegeben. Auch diese erneuten Ausbrüche verlaufen jedoch meistens symptomfrei oder mit nur leichten Symptomen.
Eine Infektion mit dem Virus schützt also nicht vor erneuter Erkrankung. Pferde können sich jederzeit wieder mit Viren desselben Stamms oder mit anderen Mutationen infizieren.
Sollte ich mein Pferd jetzt impfen lassen?
Es existieren seit vielen Jahren Schutzimpfungen gegen EHV 1 bzw. EHV 1 und EHV 4 als Kombinationsimpfstoff, deren Wirksamkeit jedoch umstritten ist. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) am Friedrich-Loeffler-Institut empfiehlt die Impfung. Diese muss alle sechs Monate wiederholt werden.
Manche Studien zeigen einen milderen Verlauf der Atemwegsinfektion bei einer Impfung, sowie ein vermindertes Ausscheiden des Virus durch das Pferd. Auch ist es möglich, dass eine Impfung den Verlust eines Embryos bei einer trächtigen Stute verhindern oder die Zahl der Infarkte im Rückenmark bei einem neurologisch auffälligen Verlauf vermindern kann. Eine Impfung kann jedoch nur den Verlauf der Krankheit beeinflussen und nicht die Infektion an sich verhindern. Infiziert ist dein Pferd wie gesagt mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits.
Es ist sehr wichtig zu betonen, dass im Falle einer Impfung immer der gesamte Bestand (mindestens 96%), möglichst im selben Intervall, geimpft werden muss. Nur so kann unter Umständen eine – im wahrsten Sinne des Wortes – „Herdenimmunität“ erreicht und die Ausscheidung des Virus innerhalb der Herde vermindert werden. Der wichtigste Beitrag der Impfung zur Bekämpfung des Virus ist also das Unterbrechen von Infektionsketten und die Verminderung der sich im Umlauf befindenden Viruslast.
Was kann ich noch tun, um eine Infektion zu verhindern?
Wie bei jeder ansteckenden Infektionskrankheit, ist ein gutes Hygienekonzept die beste Prävention. Nachfolgend einige Hinweise, wie du das Risiko einer Übertragung vermindern kannst:
Wasche und desinfiziere deine Hände auch am Stall häufig, besonders wenn du zwischen zwei Pferden wechselst
Isoliere Pferde mit Symptomen, die auf des Equine Herpesvirus hindeuten, von der Gruppe bis zur vollständigen Gesundung des Tieres
Halte Pferde, die neu zur Gruppe hinzustoßen, für einige Tage in Isolation, bis der Gesundheitszustand des Tieres klar ist
Benutze Putzzeug und Ausrüstungsgegenstände nicht für mehrere Pferde
Weiterführende Links und Literatur
Infos der FN zum Ausbruch in Valencia
Infos der ständigen Impfkommission
Infos der tierärztlichen Fakultät an der LMU München
Peter Thein, „Virusinfektionen der Atemwege des Pferdes – Ätiologie, Epidemiologie, Klinik und Immunpräventive – Teil 1: Equine Influenzaviren und Equine Herpesviren“ (2012)
C. van Mannen, „Equine herpesvirus 1 and 4 infections: An update” (2002)
Olof Dietz, Bernhard Huskamp, „Handbuch Pferdepraxis”, 3. Auflage (1999)
Solltest du den Verdacht haben, dass dein Pferd an einem Ausbruch des Equinen Herpesvirus leidet, kontaktiere bitte unverzüglich deinen Tierarzt!
Ich stehe dir und deinem tierischen Begleiter nach überstandener Infektion gerne mit physiotherapeutischem Rat zur Seite. Pferdephysiotherapie kann hier einen wichtigen Beitrag zur Regeneration des Tieres leisten.
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